Die ganze Welt befindet sich mitten in der Corona-Pandemie. Das anhaltende Gefühl einer globalen Krise muss jedoch als Kapitalismus- und nicht als Corona-Krise benannt werden. Das Coronavirus ist neu, doch die Zusammenhänge zwischen der Entstehung und Verbreitung von Viren und der kapitalistischen Weltordnung sind altbekannt und gut erforscht.
Erstens tragen kapitalistische Produktionsverhältnisse (z.B. Industrielle Land- und Viehwirtschaft, die Rodung von Wälder usw.) zur Entstehung von Viren bei. Zweitens verbreiten sich Viren erst durch die Globalisierung und den transnationalen Handel auf der ganzen Welt. Dazu kommt, dass drittens in einem Wirtschaftssystem, indem die vorhandenen Ressourcen ungleich verteilt sind, auch ein Virus ungleich bekämpft wird: Arme Menschen, Präkarisierte und von Diskriminierung Betroffene sind viel stärker von der Pandemie betroffen als die Reichen und Wohlhabenden dieser Welt.
Die Widersprüche zwischen arm und reich verschärfen sich in der Krise. Die Mehrkosten, die durch die Einschränkungen der Wirtschaft entstehen, sind immens. Damit die Besitzenden nicht mit ihrem angehäuften Reichtum für diese Kosten aufkommen müssen, führen sie einen rücksichtslosen Verteilungskampf von oben nach oben.
Jetzt, wo die Wirtschaft einknickt, sind die Ärmsten die ersten, die nicht mehr genug zum Leben haben. Den Reichsten geht es dagegen besser denn je, ihre Vermögen wachsen während Corona weiter an, denn:
auch die Milliarden gesprochenen Kreditbürgschaften, Kurzarbeitsgelder und andere Hilfen, wandern schlussendlich in Form von Mieten, Krankenkassenprämien und Konsum-ausgaben wieder nach oben in die Taschen der Besitzenden.
Die Hilfspakete sind nicht in erster Linie dazu da, den Menschen zu helfen. Sie sind dazu da, das Wirtschaftswachstum sicher zu stellen und die Profite der Reichen zu garantieren. In der wirtschaftsliberalen Logik ist das Wohlergehen der Aller nicht relevant. Was zählt ist, dass weiter konsumiert wird. Auf wessen Kosten wird immer offensichtlicher.
Damit die Wirtschaft einen möglichst geringen Schaden nimmt und die bestehenden Besitzverhältnisse bewahrt werden, wird sie über Lockdowns immer nur soweit heruntergefahren, dass die Überlastung der Gesundheitssysteme und die Covid Todeszahlen, konsensfähig bleiben. Ein Konsens, welcher von wirtschaftlichen Interessen durchzogen ist. Tote werden in Kauf genommen, damit die kapitalistische Wirtschaft lebt.
Die Abwägung zwischen Menschenleben und wirtschaftlicher Profitmaximierung erinnern an die Grundsätze des Sozialdarwinismus. Die Überzeugung, dass sich gesellschaftliche Strukturen am Naturprinzip des “survival of the fittest“ zu orientieren haben, ist der Kern dieser reaktionären Ideologie. Wer zahlt und produziert darf leben, wer kostet und schwach ist, muss sterben.
Der vermeintlich freiheitsstiftende Wirtschaftsliberalismus zeigt sein wahres Gesicht, seine ideologische Nähe zum Rechtsextremismus wird deutlich. Denn diese Theorie war ein Kerngedanke des Faschismus im 20. Jahrhundert. Während vom Staat die nationale Solidarität heraufbeschworen wurde, sollten sich die Leistungsfähigsten durchsetzten. Was damals auf – nach wie vor existierenden – Ideen von “Volk und Rasse” basierte, ist heute an die “Leistungsfähigkeit” im wirtschaftlichen Sinne gekoppelt. Der Markt, welcher durch die Unterdrückung der Arbeitnehmer*innen gestärkt wird, ist Bestandteil dieses Mechanismus.
Ein Beispiel, wie solche Mechanismen auf globaler Ebene sichtbar werden, ist die Produktion und Verteilung der COVID-19 Impfstoffe. Das Privateigentum – ein zentrales Standbein des Kapitalismus – an den Patenten verhindert zurzeit, dass so viele Menschen wie möglich Zugang zum Impfstoff und somit zu einem gesunden Leben haben.
Würde der Impfstoff patentfrei produziert werden, könnte in zahlreichen Fabriken, Laboren und Institutionen die Produktion und die logistische Verteilung der benötigten Ressourcen organisiert werden. So würde möglich, dass mehr Menschen Zugang zur Impfung hätten. Doch die Regierungen blockieren dies im Interesse der Pharmaunternehmen. Die Forschungs- und Entwicklungskosten wurden zu über 50% aus staatlichen Zuschüssen, also aus den Steuergeldern der Lohnabhängigen finanziert. Doch während weiterhin massenhaft Menschen an Covid-19 sterben, schreiben die Pharmaunternehmen Gewinne im 2-stelligen Milliarden Bereich. Einmal mehr werden unter kapitalistischen Bedingungen die Gewinne privatisiert, und die Verluste sozialisiert.
Alles in allem wird die dem Kapitalismus immanente/innewohnende Ungleichheit, in der Corona-Pandemie sichtbarer. Um dieser Krise zu begegnen, braucht es kollektive Lösungen und tiefgreifende strukturelle Veränderungen. Diese Lösungen müssen antikapitalistisch sein – nur so kann die Individualisierung durchbrochen und Platz für ein solidarisches Miteinander geschaffen werden, in welchem Menschen Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen.
Die Produktions- und Reproduktionsmittel, die für ein selbstbestimmtes Leben notwendig sind, müssen den Kapitalbesitzenden entrissen werden und in die Hände der Lohnabhängigen. Sie wissen am besten was und wieviel produziert werden soll. Sie wissen auch am besten, wie sie für sich und ihre Communitys ein gesundes und sicheres Leben gestalten können. Das weltweite, kollektive Gefühl von Unrecht muss in eine kollektive Utopie kanalisiert werden, anstatt in einem Zustand der Angst und Vereinzelung zu verharren, welcher die bestehende Ordnung zementiert. Denn das Gefühl, das uns allen Unrecht getan wird, ist richtig, doch das Unrecht besteht nicht in den Schutzmassnahmen, sondern im Kapitalismus.
Wir tragen eure Krise nicht! Aus den oben genannten Gründen, und vielen mehr, gehen wir am 27. März 2021 gemeinsam mit Masken auf die Strasse. Um 15:00 auf dem Hardplatz in Zürich! Kommt alle, denn nur gemeinsam sind wir stark!